Türöffner an der Sprachgrenze

Wo Deutsch und Französisch eins sind: In Biel, mitten auf der Sprachgrenze, leben die Menschen die Vielfalt – wenn nur die vertrackten Anfangsschwierigkeiten nicht wären. Zwei BEKB-Mitarbeitende aus der Niederlassung Biel erzählen.

An der Schwelle zwischen der Deutschschweiz und der Romandie pulsiert das Leben. Mittendrin bietet die BEKB ihre Dienstleistungen an: Vor 160 Jahren hat sie die erste Bieler Niederlassung eröffnet. Seither verbinden die Mitarbeitenden die Sprachgemeinschaften zu einem Ganzen – eine Leistung, welche die Stiftung Forum für die Zweisprachigkeit wiederholt honoriert hat. 2015 hat sie die BEKB-Niederlassung in Biel zum dritten Mal mit dem «Label du Bilinguisme» ausgezeichnet.

Wie erleben die Mitarbeitenden den Umgang mit der Zweisprachigkeit? Welche Erfahrungen haben sie über die Zeit gemacht? Zwei Kundenberater erzählen hier von ihren Eindrücken. Die gebürtige Italienerin Sonia Rizzello, seit über 25 Jahren bei der BEKB in Biel, die heute gleich in drei Sprachen kommuniziert, – sowie der Lernende Jannis Jeremias, für den der Kundenkontakt auf Französisch eine grosse Umstellung bedeutet hat.


Sonia Rizzello und Jannis Jeremias, Sie arbeiten unterschiedlich lange bei der BEKB. Welche Erinnerungen an die Anfänge haben Sie?

Sonia Rizzello: Ich bin mit 18 Jahren über ein Praktikum bei der BEKB eingestiegen. Zehn Jahre davor bin ich mit meiner Familie von Süditalien nach Biel gezogen – das Französische habe ich deshalb zu dem Zeitpunkt schon gut beherrscht. Anders hat es mit dem Deutsch ausgesehen. Hier musste ich in kurzer Zeit viel lernen. Geholfen haben sicher die Sprachkurse, die die BEKB für uns Mitarbeitende anbietet. Ich habe sogar einen Mundartkurs besucht. Gerade für Nichtmuttersprachler sind Hochdeutsch und Schweizer Dialekt ja zwei verschiedene Welten.

Jannis Jeremias: Ich bin aktuell im dritten und letzten Lehrjahr zum Bankkaufmann. Wenn ich an den Anfang zurückdenke, hat sich viel getan. Aufgewachsen bin ich in Gerolfingen, meine Französischkenntnisse haben sich darum auf das beschränkt, was wir in der Schule gelernt haben. Bei tieferen Gesprächen kommt man damit sehr schnell an Grenzen. Ich war vom ersten Tag an gefordert, weil das erste Lehrjahr vor allem die Betreuung am Kundenschalter umfasst. Wenn ein Kunde zu mir an den Schalter herantritt, weiss ich also nicht, ob er mich gleich auf Deutsch oder auf Französisch ansprechen wird. Und natürlich erwartet er in der Regel, dass ich ihm in seiner Sprache antworten kann. Durch dieses Der-Situation-ausgesetzt-Sein habe ich schnell viel gelernt.


Was hat Ihnen sonst dabei geholfen, in der anderen Sprache besser zu werden?

Jannis Jeremias: Wichtig ist, am Anfang nicht allzu viel nachzudenken, sondern den Mut zu fassen, einfach zu sprechen, selbst wenn nicht alles zu hundert Prozent korrekt formuliert ist. Als Kundenberater bringt man ohnehin eine gewisse Offenheit und Kontaktfreude mit. Sich für neue Erfahrungen zu öffnen, sollte darum nicht allzu schwer fallen. Daneben braucht es auch einiges an Fleissarbeit. Fachbegriffe aus der Bankenwelt, die immer wieder auftauchen, musste ich am Anfang gezielt lernen.

Sonia Rizzello: Es hilft sicher auch, dass wir uns im Team gegenseitig unterstützen. Ob bei einem Kommunikationsproblem oder einer anderen Frage: Es ist immer jemand da, den man um Rat fragen kann. Vor Kurzem habe ich zum Beispiel damit angefangen, einigen Arbeitskollegen spasseshalber ein wenig Italienisch beizubringen. Das funktioniert relativ unkompliziert. Wir sitzen gemeinsam hin, beugen uns über ein Lernziel, aber immer so, dass Ernst und Spass im Gleichgewicht sind.

  • Kommunikation ist im Bankengeschäft Alltag – auch wenn BEKB-Mitarbeitende untereinander gleichzeitig Deutsch und Französisch sprechen.

  • Für die Kundenberaterin Sonia Rizzello ist die sprachliche Beratungsvielfalt selbstverständlich: Sie berät die Kundschaft auf Italienisch und Französisch und nutzt im sonstigen Bankenalltag auch Deutsch.

  • Ein Deutschschweizer entdeckt den welschen Charme: Jannis Jeremias, Lernender im 3. Lehrjahr, hat während seiner Ausbildung sprachliche Grenzen überwunden.

Gab es einen Moment, in dem Sie erstmals das Gefühl hatten, in der anderen Sprache angekommen zu sein?

Jannis Jeremias: Nach dem ersten Lehrjahr hatte ich das Gefühl, mich einigermassen sicher ausdrücken zu können. Aber dann kam das zweite Lehrjahr (lacht). Da sind die Aufgaben anspruchsvoller geworden, weil es jetzt darum ging, zu lernen, die Kunden gezielt zu beraten. Gleichzeitig stiegen natürlich die Erwartungen, was den mündlichen Ausdruck anbelangt. Ich musste mir nochmals einen Ruck geben, um manches vertieft zu lernen. Irgendwann sind dann die ersten Komplimente für mein Französisch gekommen. Und da wusste ich, dass ich auf dem richtigen Weg war.

Sonia Rizzello: Meine Anfänge liegen ja schon länger zurück, darum passieren die Fortschritte auch nicht mehr so schnell. Es wäre aber ein Irrtum, zu meinen, ich würde alles aus dem Effeff beherrschen. Es gibt immer noch Neues zu lernen. Zudem gibt es gewisse Grenzen. Es ist nicht so, dass wir von Kundengespräch zu Kundengespräch die Sprache wechseln. Jeder Berater betreut nur Kunden seiner Muttersprache.


Weshalb ist das so?

Sonia Rizzello: Damit stellen wir die Qualität der Beratung sicher. Natürlich kann ich auf Deutsch manches erklären. Wenn es aber darum geht, einen Kunden umfassend zu beraten, ist es für beide Seiten das Beste, wenn wir uns ohne Missverständnisse verstehen. Manchmal gibt es jedoch Ausnahmen. Kürzlich haben zwei Kunden ausdrücklich gewünscht, von mir beraten zu werden – obwohl der eine nur Englisch und der andere nur Deutsch gesprochen hat. Schliesslich sind wir zu viert zusammengesessen. Die beiden Kunden, ich sowie Jannis, der als Dolmetscher aus dem Englischen übersetzt hat. Das sind spezielle Fälle, und die vergisst man auch nicht so schnell (lacht).


Wie gehen Sie intern mit dem Thema Zweisprachigkeit um?

Sonia Rizzello: Diese wird auch intern konsequent gelebt. Zum einen wird bei der Zusammenstellung der Teams darauf geachtet, dass beide Sprachgruppen angemessen vertreten sind. Zum andern sind auch interne Anlässe, etwa Referate oder Informationsveranstaltungen, zweisprachig ausgerichtet.

Jannis Jeremias: Unter uns Mitarbeitenden herrscht ein fröhliches Mischen der Sprachen. Jemand sagt zum Beispiel etwas auf Deutsch, und der andere antwortet auf Französisch. Das funktioniert meistens problemlos, weil die Mehrheit beide Sprachen gut beherrscht.

«Weil ich in drei Sprachen denke, gerät der Kopf manchmal durcheinander.»

Sonia Rizzello


Schaffen Sie es beim Mischen der Sprachen immer, den Durchblick zu behalten?

Sonia Rizzello: Das fällt nicht immer leicht. Gerade weil ich in drei Sprachen denke, gerät der Kopf auch einmal durcheinander. Etwa wenn ich etwas auf Französisch erkläre, dabei aber nur die italienischen Begriffe im Kopf habe. Die Mehrsprachigkeit zieht sich übrigens auch ins Private. Zu Hause rede ich mit meinen Kindern Französisch, die Schule machen sie jedoch auf Deutsch. Damit will ich ihnen einen einfacheren Start ermöglichen, als ich ihn früher hatte.

Jannis Jeremias: Dass die Zweisprachigkeit im Privaten Vorteile bringt, merke ich auch: immer dann, wenn ich in die Ferienwohnung meiner Familie im französischsprachigen Wallis fahre. Vor drei Jahren gab es noch eine grosse Hemmschwelle davor, im Dorf spontan jemanden anzusprechen. Heute fällt es viel leichter. Meine welschen Kollegen lassen mir manchmal sogar den Vortritt. Sie sagen, auch ein wenig aus Spass, ich könne ja jetzt gleich gut Französisch wie sie.

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