Über den Wolken

Alpenkette, Alpenglühen, blauer Himmel, Gletscher, Täler, Schneefelder, grüne Landschaften: Eine Fahrt mit dem Ballon, hoch über den Wolken, ist imposant. Der passionierte und pensionierte Ballonfahrer Andy Hunziker weiss das zu bestätigen.

Es heisst Ballonfahren, nicht Ballonfliegen, wie so viele meinen.» Andy Hunziker stellt diesen Irrtum gleich zu Beginn des Gesprächs richtig. Über 40 Jahren war er Berufsballonfahrer. Während rund 6000 Flugstunden hat er Pilotinnen und Piloten ausgebildet und rund 7500 Landungsmanöver absolviert – unfallfrei. Heute ist der Aargauer pensioniert. Er fährt nur noch ab und zu den Heissluftballon der BEKB, in dem neben ihm noch drei weitere Personen, Mitarbeitende sowie Kundinnen und Kunden der BEKB, Platz finden.
 

Von der Zuschauertribüne über die Wolken

«Flieger haben etwas gemeinsam. Sie steigen im Ballon mit einem Gefühl des Wehmuts und der Hoffnung auf, etwas zu finden, das es auf Erden kaum zu finden gibt. Um dem zu entfliehen, was uns bedrückt, sei es auch nur für eine kurze Zeit – Zeit, in der Erkenntnis und Glücksgefühl alles durchströmen!» So umschreibt Andy Hunziker das Ballonfahren. Bereits die Mutter schwang sich als Segelfliegerin regelmässig in die Lüfte, der zweijährige Andy schaute ihr vom Flugplatz Birrfeld begeistert zu. Die Faszination für das bodenlose Fahrvergnügen war geboren. Als Kind setzte sich Hunziker intensiv mit dem Drachen-, Flieger- und Ballonmodellbau auseinander, investiert seine gesamte Freizeit dort hinein. Mit 15 Jahren baute er mit einem Kollegen einen deltaähnlichen Flugkörper aus Holz und Packpapier. Andy startete mutig einen Testflug von einem sieben Meter hohen Scheibenstand. Das Ganze endete in einem Trümmerhaufen und mit Prellungen – die Leidenschaft fürs Fliegen hatte den Sturz aber überlebt. Im Alter von 20 Jahren wusste Hunziker: «Ich werde Ballonfahrer.»

1974 startete Andy Hunziker die zweijährige Ausbildungszeit. Dafür hatte er sich bei der zuständigen Flugverkehrsleitstelle angemeldet. Er absolvierte acht Schulungsfahrten mit einem Experten. Eine davon blieb ihm in besonderer Erinnerung: Sie startete bei nebligem Wetter in Attisholz, nahe Solothurn. Meteorologen hatten prognostiziert, dass sich der Nebel bis am Mittag auflösen würde. «Wie ein aus dem Wasser losgelassener Korkzapfen schossen wir hervor. In Sekundenschnelle befanden wir uns in warmer, klarer Atmosphäre. Langsam erhoben sich Jurakreten wie Inseln aus dem Nebelmeer.» Nach einer ruhigen Fahrt suchten Andy Hunziker und der Experte gegen Abend vergebens ein nebelfreies Plätzchen für die Landung. Sie riskieren gezwungenermassen eine Landung auf einer Krete. Andy Hunziker war zuversichtlich: «Mit dem konstanten schwachen Südwind wird das schon klappen.» Die beiden steuerten einen Hang an. Ein Schleppseil und ein spanischer Anker sollten beim Bremsen helfen. Ein plötzlicher Aufwind liess den Ballon aber unvermittelt nochmals an Höhe gewinnen – das Resultat: «Eine Landung in der Baumkrone», lacht Hunziker noch heute darüber. Die zwei Gestrandeten klammerten sich an den Ästen fest, bis ein paar Wanderer vorbeikamen und sie befreiten.
 

  • Vom Boden aus sorgt er für Aufsehen, aus dem Passagierkorb für eine atemberaubende Aussicht: Der BEKB-Heissluftballon hebt mit Pilot Andy Hunziker ab.

  • Alpenkette, Alpenglühen, Gletscher, Täler, Schneefelder, weite Landschaften…

  • …eine Fahrt mit dem Ballon, hoch über den Wolken, ist imposant

Geprüft, gestartet, geflogen

Am Tag der Prüfung atmete Andy Hunziker tief durch und machte sich bereit: Während 20 Minuten musste er den Ballon auf gleichbleibender Höhe halten, eine Flughöhe von 2000 m.ü.M. erreichen, eine totale Fahrtzeit von zwei Stunden einhalten und eine saubere Landung absolvieren. Die Prüfungsfahrt gelang. Andy Hunziker war nun offiziell Gasballonfahrer. Kurz darauf kam das Brevet zum Heissluftballonfahrer dazu. Seine erste eigenständige Ballonfahrt machte er mit seiner Frau und zwei Direktoren grösserer Schweizer Unternehmen. Andy erinnert sich gerne, erzählt schmunzelnd: «Meine Selbstsicherheit damals war vorgetäuscht. Wenn die gewusst hätten, dass ich keinerlei Erfahrung habe, wären sie wohl kaum eingestiegen.»
 

Bunt gemischte Gäste und Sandalen

Andy Hunziker mag sie gerne, die Fahrten mit Gästen. Er sitzt mit den unterschiedlichsten Menschen im Korb: Managerinnen, Künstler, Politiker, Junge und Alte. «Wunderbar, ein solch spezielles Erlebnis mit anderen Menschen zu teilen!» Allen gemeinsam ist die Faszination: die Höhe, die Winde, die Aussicht, das Gefühl, fliegen zu können. «Es gab auch mal einen älteren Herrn, der mit offenen Sandalen und ohne Socken starten wollte. Wir gingen erst einmal ins nächste Dorf, kauften andere Schuhe und Socken.» Die Füsse nämlich, so erklärt Andy, müssten gut eingepackt sein, am besten in Wanderschuhen. So seien sie geschützt, wenn es zu einer rumpligen Landung käme. Zudem wähle man lieber Kleider, die nicht allzu schnell in Flammen aufgingen: «Der Gasbrenner ist nah.»
 

Aufsteigen, loslassen, träumen

«Zuerst ist immer die Ungewissheit da: Was erwartet mich heute? Und dann: das Abheben, Loslassen, ein gewaltiges Gefühl von Freiheit.» Andy Hunziker hat den Ballon im Griff, lässt ihn schweben, vom Wind forttragen. Trotzdem hat er bis heute die Ehrfurcht behalten: «Besonders anspruchsvoll ist der Umgang mit der Trägheit des Ballons: Je nach Volumen der Hülle dauert es bis zu 30 Sekunden, bis der Ballon auf die Aktionen des Piloten reagiert.» Auch heute ist er regelmässig mit dem Ballon unterwegs, wenn auch nicht mehr als Berufspilot, aber immer noch als Ausbildner. Auf dem Boden tragen ihn vor allem die Füsse, er mag lange Spaziergänge und Wanderungen – wie zu erwarten – in der Höhe. Und so macht er sich auch jetzt langsam auf den Weg, verabschiedet sich. Zum Abschied meint er: «Bis heute weckt jeder Vogel, jede Wolke und jeder Ballon Träume in mir.»

Text: Laura Marti

Der Unterschied zwischen Heissluftballon und Gasballon

«Fahre Heissluftballon, es hat Zukunft!», meinte die bekannteste Schweizer Ballonfahrerin Regula Hug einst um drei Uhr morgens zu Andy Hunziker. Bisher nur an Gasballone gewohnt, fand er Gefallen an dem Gedanken. «Argumente wie ‹einfacheres Füllen und Verpacken›, ‹Start ab Hausplatz, auch im Winter› haben mich überzeugt, die Zusatzausbildung zum Heissluftballonpiloten zu machen.» Der Heissluftballon ist heute immer öfter am Himmel zu sehen. Mit dem temperaturbeständigen Nylonstoff und dem ausgeklügelten Propangasbrenner begann seine Renaissance im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts. Ist das Wetter stabil, lässt sich die Höhe des Heissluftballons zentimetergenau bestimmen, was das Ausnützen von feinsten Windströmen erlaubt. Die Kugel ist also mit der Windrichtung lenkbar. Wenn verschiedene Windströme verfügbar sind, lässt sich sogar die Richtung wechseln. Andy Hunziker rät dennoch zur Vorsicht: «Der Gasvorrat reicht in den meisten Fällen für rund zwei Stunden. Wer trotzdem eine Alpenfahrt machen möchte, wählt einen grossen Ballon mit mehr Gasflaschen und weniger Passagieren.» Hier schneidet der Gasballon besser ab. Auch mit kleineren Modellen sind Fahrten bis zu zehn Stunden möglich. Bei der Landung wiederum ist die Heissluftvariante klar im Vorteil: Während die Landung mit dem Gasballon schnell, klar und präzise sein muss, weil sonst der Ballast, also Wasser oder Sand, zu Ende geht, hat der Heissluftballon so viele Versuche wie nötig – vorausgesetzt, es ist genügend Propangas vorhanden.

Wer selbst an einer Fahrt über den Wolken interessiert ist, meldet sich bei Andy Hunziker: 034 431 30 30, balloonair@swissonline.ch, balloonair.ch.

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