Selfie-Mania! Ein Porträt übers Selbstbild
Aus dem öffentlichen Raum wegzudenken ist es nicht mehr: das Selfie. Ob jung oder alt, dem Schnappschuss kann sich niemand mehr entziehen. Eine kleine Erfolgsgeschichte des Selbstbildes als «Tour d’Horizon».
Es hat schon etwas Bizarres an sich: Menschen – allein oder in Gruppen – drängen sich vor eine Kamera, nur um diesen einen Moment festzuhalten. In der Stadt Bern hat schon mancher Schnappschuss zu brenzligen Situationen geführt. Nur dank dem Gebimmel des Trams wurde in den Gassen schon oft ein Zusammenstoss verhindert. Spätestens seit dem Beginn des Selfiewahns durch auswärtige Reisegruppen, ausgerüstet mit Teleskopstange, kennt jeder hierzulande das Phänomen. Hier nun eine kleine Spurensuche zu den Anfängen der Selbstinszenierung und ihrem «Zauber».
In Mode gekommen ist die Selbstdarstellung bereits in der Renaissance (etwa 1420–1600), aber nicht unter dem Namen Selfie, sondern unter dem Namen Selbstporträt. Der breiten Masse fehlte für die bildliche Selbstdarstellung nebst dem nötigen Kleingeld auch das erforderliche Talent; der Pinsel war das gängige Werkzeug dafür, nicht das Auslösen mittels Knopf. So war es den talentierten Künstlern vorbehalten, sich selbst zu porträtieren. Erste Erkenntnis: Das Selfie hat wirklich eine lange Geschichte!
Vom Pinsel zum Auslöser
Selbstbildnisse sind Beschreibungen der damaligen und der heutigen Zeit; ähnlich wie beim Porträtbild wird beim Selfie nichts dem Zufall überlassen. Selbst spontan wirkende Situationen sind minutiös geplant. Der niederländische Künstler Rembrandt (1606–1669) malte sich so häufig wie kein anderer Zeitgenosse. Wer eines seiner Bilder kaufte, erhielt gar ein Selbstporträt des Künstlers dazu. Insgesamt 80 Selbstporträts malte er.
Ungefähr 200 Jahre später machte sich Ferdinand Hodler (1853–1918) auf, mit gar rund 100 Selbstporträts Primus seiner Zeit zu werden. Spätestens durch den Pop-Art-Künstler Andy Warhol (1928–1987) erhielt das Porträtbild seinen Kultstatus. Mit der Fotografie stiess das Sich-Darstellen in eine neue Dimension vor.